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Cum-Ex-Files: Merrill Lynch war an Geschäften auf Kosten europäischer Staaten beteiligt / US-Börsenaufsicht wusste schon seit 2012 Bescheid, reagierte aber nicht

Hamburg (ots) –

Die amerikanische Investmentbank Merrill Lynch hat in großem
Umfang steuergetriebene Aktiengeschäfte betrieben, die unter den
Begriffen Cum-Ex und Cum-Cum bekannt geworden sind. Das geht aus
internen Dokumenten der Bank, Handelstabellen und Anzeigen von
Whistleblowern bei Aufsichtsbehörden hervor, die ZEIT ONLINE, der
Wochenzeitung DIE ZEIT und dem ARD-Magazin Panorama vorliegen.
Mehrere Insider haben bestätigt, dass es diese Geschäfte bei Merrill
Lynch gegeben hat. Die Recherchen sind Teil der „Cum-Ex-Files“, die
eine Kooperation von 19 Medien aus zwölf Ländern unter Leitung des
Recherchezentrums Correctiv ausgewertet hat.

Die anonymen Whistleblower-Anzeigen gingen im Februar 2012 und
März 2015 bei der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde, SEC, ein. In
ihnen werden 29 Personen namentlich aufgezählt, die in die Geschäfte
involviert waren. Sie sollen mit Geldgebern und Zwischenhändlern
Preise von Wertpapieren via SMS und Snapchat abgesprochen haben. In
der ersten Anzeige aus 2012 heißt es, dass die Bank „enorme Einnahmen
aus einer betrügerischen Form des Handels mit Steuergutschriften“
erzielt habe, der weit über die üblichen Formen steuerlicher Tricks
hinaus gehe.

Eine interne Präsentation von Merrill Lynch mit dem Titel „A
globally coordinated approach“ (Ein global koordinierter Ansatz) von
2008 zeigt, in welchen Ländern Merrill Lynch Cum-Cum-Geschäfte machen
wollte: in Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich,
Deutschland, den Niederlanden, Italien, Norwegen, Portugal, Spanien,
Schweden und der Schweiz.

Eine weitere interne Präsentation zeigt, dass Merrill Lynch 2012
Aktien im Wert von 25 Milliarden US-Dollar gehandelt hat und diese
Summe im folgenden Jahr noch übertreffen wollte. 45 Transaktionen
sollten in 27 Ländern vorgenommen werden. Welchen Anteil daran
Cum-Ex-Geschäfte haben, geht aus der Präsentation nicht hervor.
Jedoch werden in ihr die Risiken der Geschäfte beschrieben: die
Ermittlungen deutscher Staatsanwaltschaften in Sachen Cum-Ex. Und die
Gefahr, in der Öffentlichkeit als Steuervermeider dargestellt zu
werden.

Händler, die die steuergetriebenen Geschäfte im Londoner Ableger
von Merrill Lynch organisiert haben, sollen außerdem die
Konzernspitze in New York über ihre Deals informiert haben. Einige
der Whistleblower-Anzeigen berichten von einem Treffen im Mai 2013,
während dem die Händler ihre Pläne Thomas Montag präsentiert haben
sollen. Mehrere Insider bestätigen das. Montag ist Vorstandsmitglied
der Bank of America, die Merrill Lynch Anfang 2009 übernommen hatte.
Merrill Lynch und die Bank of America haben auf Fragen zu den
Vorgängen nicht geantwortet.

Obwohl die SEC schon seit 2012 von den steuergetriebenen
Geschäften von Merrill Lynch wusste, reagierte sie nicht auf die
Hinweise der Whistleblower. Nach Auskunft ihrer Anwälte haben die
Whistleblower auf ihre Anzeigen keine Rückmeldung bekommen. Die SEC
wollte die Vorgänge nicht kommentieren.

Bereits in der vergangenen Woche hatten die ZEIT, ZEIT ONLINE und
ARD Panorama im Zuge der „Cum-Ex-Files“-Kooperation berichtet, dass
der organisierte Griff in die Steuerkasse durch steuergetriebene
Aktiengeschäfte weitaus größer ist, als bisher angenommen. Betroffen
sind neben Deutschland mindestens zehn weitere europäische Länder.
Der Schaden beläuft sich auf mindestens 55 Milliarden Euro.

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